Menschlich sein und handeln – als Entwickler und Hersteller von Spielzeug, als Kolleg:innen, als Geschäftspartner:innen, das ist meine Vision.
Die schönen Tiere und Figuren von Ostheimer haben einen ganz besonderen Platz in unserem Holzspielzeug Sortiment und bereichern so manches Kinderzimmer. Für unser Magazin beantwortete uns Sibylle Engstrom Fragen zu ihrer Aufgabe im Unternehmen und warum handgefertigtes Spielzeug für Kinder so wichtig ist.
Interview mit Sibylle Engstrom von Ostheimer
Du bist die Enkelin der Gründer von Ostheimer. War es schon immer klar, dass du im Unternehmen arbeiten wirst?
Ursprünglich hat mein Weg in eine ganz andere Richtung geführt. Ich habe Germanistik studiert und mich neben dem Unterrichten von Deutsch als Fremdsprache mit Biographiearbeit beschäftigt. Ich war schon Mitte 30, als ich gebeten wurde, zum 70. Geburtstag von Margarete Ostheimer eine Firmenbiographie zu schreiben. Kurz darauf hat sie die Ostheimer Stiftung ins Leben gerufen und ich war die ersten 15 Jahre Teil des Stiftungsvorstands und habe das Online-Portal Spiel und Zukunft maßgeblich mit aufgebaut, bis ich 2015 als Geschäftsführerin in die Margarete Ostheimer GmbH berufen wurde. Die ersten vier Jahre war ich zusammen mit Wolfgang Schühle in der Geschäftsführung tätig und seit er 2019 in Rente gegangen ist, stehe ich allein in der Verantwortung.
Was siehst Du als Deine Aufgabe im Unternehmen?
Meine Aufgaben als Geschäftsführerin sind vielseitig – wie in jedem kleinen mittelständischen Unternehmen. Da ist zum einen natürlich die strategische Planung und Abstimmung von Produktion, Vertrieb und Marketing. Dann die klare Ausrichtung und Wahrung der hohen Qualitätsansprüche an unsere Produkte, die sich nicht nur auf die Materialauswahl, sondern bei uns sehr stark auf den künstlerisch handwerklichen Produktionsprozess beziehen. Das spielt eine große Rolle. Und dann ist eben bei Ostheimer auch die soziale Gestaltung ein wichtiger Faktor – innerbetrieblich, wie auch bei den Kontakten nach außen zu Geschäftspartner:innen, Kund:innen und in der Branche. Das alles zusammen ergibt einen großen, bunten Strauß an vielfältigen, wunderbaren Aufgaben, die ich natürlich mit kompetenten, tollen Kolleg:innen erfülle. Aber ich bin als Impulsatorin, als Richtungs-Geberin gefragt und muss – nach meinem Verständnis – mit allem mindestens verbunden sein. Gelebte Verantwortung könnte man das vielleicht nennen.
(…) unseren Überzeugungen und Impulsen treu bleiben: Wirklich schönes, hochwertiges, vom Menschen geprägtes und gefertigtes Spielzeug für Kinder zu machen.
Warum braucht es Ostheimer in unserer Welt?
Ich glaube, Ostheimer braucht es, weil Kinder es verdient haben, dass jemand aus purer Überzeugung schöne, liebenswerte, ihnen gemäße Spielzeuge macht – und das von Hand. Denn Kinder (und nicht nur diese) spüren, was an Impulsen in ein Spielzeug hineingelegt wird: beim Entwurf, aber auch bei der Fertigung. Jeder Schritt wird bei uns bewusst von Menschen getan und – trotz der Menge an Figuren, die wir jedes Jahr herstellen – geschieht das mit der Sorgfalt, Hingabe und Liebe, die künstlerischer Handarbeit innewohnt. Das ist sehr ungewöhnlich in unserer Zeit. Wie oft werde ich gefragt, ob es nicht wirtschaftlicher wäre, zumindest teilweise auf maschinelle Fertigung umzustellen. Natürlich wäre es das, aber es würde unsere Produkte zutiefst verändern und ihre Wirkung schwächen. Bräuchte es uns dann noch? Maschinenfertigung können viele. Wir müssen als Stiftungsgeführtes Unternehmen nicht “nach Profiten jagen”, sondern dürfen unseren Überzeugungen und Impulsen treu bleiben: Wirklich schönes, hochwertiges, vom Menschen geprägtes und gefertigtes Spielzeug für Kinder zu machen.
Welche Auswirkungen gab es durch die Krisen der letzten Jahre, wie Covid und Ukraine-Krieg, im Unternehmen?
Während der Corona-Zeit schien es mir so wesentlich wie noch nie, im Unternehmen Sicherheit und liebevolles Miteinander zu leben – mit klaren Regeln und Schutzmaßnahmen. Und gleichzeitig sollte niemand allein gelassen sein mit seinen Sorgen und Ängsten, die ja vielfältig waren. Nicht einfach. Aber ich glaube, es ist weitgehend gelungen. Seitdem habe ich das Gefühl, dass ich als Leitung vor allem Zuversicht und Mut vermitteln muss, denn Covid und der Einschnitt in unser Leben, der durch den Ukraine-Krieg gekommen ist, haben den Vorrat an Positivität und Kraft bei vielen Menschen aufgezehrt. Ich fürchte, das Ohnmachtsgefühl und die Entmutigung wirken sich nachhaltig persönlich, gesellschaftlich, politisch und eben auch wirtschaftlich aus. Da muss man kräftig gegensteuern mit Gestaltungsmut und -kraft.
Wie sieht die Zukunft des Unternehmens aus? Was ist die langfristige Vision?
Die Zukunft von Ostheimer? Die nächsten Jahre? Sicherlich wird es – wie überall – wirtschaftlich herausfordernder werden. Wir werden noch stärker darum kämpfen müssen, als Manufaktur in Deutschland bestehen zu können – bei steigenden Kosten und schwächerer Kaufkraft wird das nicht leicht. Dennoch braucht es uns, unsere Art Spielzeug zu machen und zu verstehen, mehr denn je, glaube ich, und vielleicht auch unser Verständnis eines Unternehmens als Ort des respektvollen, liebevollen Miteinanders von Menschen der unterschiedlichsten Ausprägungen. Menschlich sein und handeln – als Entwickler und Hersteller von Spielzeug, als Kolleg:innen, als Geschäftspartner:innen, das ist meine Vision.
Wie entstehen bei Ostheimer neue Produkte?
Neue Spielzeuge entstehen bei uns oft aus Impulsen, die unser Designer Stephan Zech einbringt, der seit 1995 unsere Produkte entwirft. Oder aus Anregungen, die an uns, an ihn herangetragen werden. Theoretisch lässt sich natürlich viel im „Ostheimer Stil“ machen, aber richtig gut, d.h. „sprechend“ und lebendig werden die Figuren, wenn es Stephan gelingt, sie aus dem Herzen heraus, aus dem Kind in sich zu schaffen. Dann werden sie so, dass einem das Herz aufgeht und man vom Wesen des dargestellten Tieres oder der Figur berührt wird. Das ist der Entwurf. Und dann kommen die ersten Testfiguren, die Mitarbeitende fertigen, dann die erste hunderter Serie, um zu sehen, was in Serienfertigung machbar ist. Da verändert sich der Entwurf oft noch etwas, bis das Produkt „serienreif“ ist und bezahlbar in der Umsetzung. Das ist unser Spagat zwischen Künstlerprodukt und künstlerischer Fertigung in Serie.
Auf eurer Webseite steht, dass Kinder liebenswerte und schöne Abbilder der Welt brauchen, um gesund in die Welt hineinwachsen zu können. Was ist damit genau gemeint?
Ich fange mit meiner Antwort einmal hinten an. Die Welt in der wir und unsere Kinder leben, ist in vielerlei Hinsicht keine leichte, gesunde und erhebende Welt und wir Menschen tun gerade viel dafür, dass das in der nächsten Zukunft auch nicht unbedingt besser wird. Aus meiner Sicht ist es da unendlich wichtig, dass wir unseren Kindern die Liebe zur Welt und zu ihren Geschöpfen mitgeben, dass wir ihnen die Schönheit und Würde derselben erlebbar machen, ihnen einen positiven seelischen Bezug vermitteln. All das versuchen wir in der Gestaltung unserer Figuren mitzugeben. Unsere Kühe, Pferde und
Schweine zeigen in ihrer Gestaltung, dass sie in einer schönen, geschützten, liebevollen Umgebung leben (wollen). Sie erzählen in der Art, wie sie sind, von einem schönen, gesunden Umfeld, von ihrer Würde. Das sind gesunde Bilder, stärkende Bilder, die in der Seele nachwirken, wenn Kinder dann als Jugendliche auf die oft harte Realität stoßen. Dann tragen sie aber ein Ideal und die Liebe zur Welt in sich. Das schafft Resilienz und die werden sie als Erwachsene brauchen. Deshalb die „heile, schöne Welt“ der Ostheimer Figuren. Unser Beitrag zur Stärkung und Ernährung der Kinderseelen.
Welches Produkt würdest du gern im Sortiment von Ostheimer sehen?
Zur Zeit träume ich von einer kleinen 1001-Nacht Prinzessin von Ostheimer. Aber meinen Hauptwunsch hat Stephan bereits erfüllt – das Zwergenkind „Mo“, mit dem ich sehr verbunden bin. Er ist für mich so eine Art „Schutzpatron“ für unser Unternehmen.
Vielen Dank für das Interview!
Die schönen und ansprechenden Figuren von Ostheimer und das liebevoll gestaltete Holzspielzeug könnt ihr auf der Herstellerseite Ostheimer entdecken!
